Das Recht und die Pflicht auf Fragen zur Gestaltung der Zeit nach der Corona-Krise
Deutschland befindet sich im Ausnahmezustand, um die Corona-Pandemie möglichst verlustarm zu überstehen. Noch ist unklar, ob die staatlich verordneten ökonomischen und sozialen Verluste gegenüber den realen und vermuteten (direkt durch Corona verursachten) Verlusten gerechtfertigt sind. Das wird sich bald herausstellen.
Unternehmen auf dem Prüfstand – Krisenmanagement mit Blick in die Zukunft
Klar ist aber, dass diese Krise alle Unternehmen zwingt, Verluste zu minimieren und Existenzen zu retten. Sie stellt jeden Unternehmer sowie alle Geschäftsstrukturen und Geschäftsperspektiven auf den Prüfstand. Das Ergebnis wird sich zeitnah zeigen. Mehr als je sind Krisenmanager in Politik und Wirtschaft gefragt. Ein Krisenmanagement jedoch, das nur auf Sicht fährt und den Übergang auf die Zeit danach aus dem Blick verliert, ist kaum weniger gefährlich als der Krisenverursacher. Das gilt umso mehr für die Wirtschaft als Grundlage von Staat und Gesellschaft.
Milliardenschwere Hilfstherapie des Staates kann nicht die alleinige Lösung sein
Die Bundesregierung versucht, die von ihr angeordneten Verluste mit einem milliardenschweren Hilfspaket für KMU und Großunternehmen abzufedern. Dieses Geld wurde vorher erwirtschaftet und auch die vom Staat neu aufgenommenen bzw. aufzunehmenden Schulden müssen wiederum erwirtschaftet werden. Diese Therapie kommt der Wirtschaft teuer zu stehen.
Echtes Unternehmertum muss deshalb nicht gebannt wie ein Kaninchen auf die Corona-Schlange und auf den Mannafall vom Himmel schauen, sondern die Brücke von der Vergangenheit über die Gegenwart zur Zukunft schlagen. Dazu gehört auch der Mut, die Ursachen und Bedingungen bisherigen Handelns auf ihren Bestandswert zu hinterfragen.
Die wichtigste Erkenntnis aus der Corona Krise ist jedoch bereits offensichtlich: Es gibt keine ewigen Wahrheiten und kein starres Festhalten an Dogmen und früheren Festlegungen. Sie stehen alle auf dem Prüfstand unserer Gegenwart und Zukunft. Und deshalb ist das Recht auf Fragen gerade jetzt eine Bürgerpflicht, die man nicht dem Stammtisch, der Straße, den Medien und den Populisten überlassen darf.
Als Unternehmer sollte sich jeder zumindest fragen:
- Haben wir Standortbedingungen effektiv genutzt?
- Haben wir Standortverlagerungen allseitig durchdacht?
- Haben wir naheliegende Märkte ungenutzt gelassen?
- Haben wir Lieferketten überdehnt?
- Haben wir zu sehr auf Freizügigkeit von Arbeitskräften vertraut?
- Haben wir zu sehr auf grenzüberschreitende Logistikeffizienz vertraut?
- Haben wir genug in die Zukunftsfähigkeit unseres Unternehmens investiert?
Als Unternehmervertreter müssen wir uns zumindest fragen:
- Haben wir die negativen Seiten der neoliberale Globalisierung nicht gesehen und unseren lokalen, regionalen und nationalen Versorgungsauftrag ignoriert?
- Haben wir uns widerstandslos der globalen Gewinnphilosophie der Finanzwirtschaft und der US-Dominanz der Finanzinstitutionen unterworfen?
- Haben wir uns zu sehr den parteipolitisch und ideologisch motivierten Wirtschaftsbeschränkungen im nationalen wie im EU-Rahmen unterworfen?
- Haben wir ausreichend gegen den wachsenden Bürokratie- und Energieaufwand für Unternehmen in Deutschland und der EU protestiert?
- Haben wir ausreichend gegen eine wirtschaftsschädigende Sanktionspolitik der Bundesregierung protestiert?
- Haben wir zu wenig getan, um die Chancen eines einheitlichen Wirtschaftsraums von Lissabon bis Wladiwostok zu nutzen?
Nicht auf alle diese und weitere Fragen wird es einfache und schnelle Antworten geben. Wenn wir sie aber nicht stellen, woher wollen wir dann wissen, ob Vergangenes zukunftsfähig ist? Als Bundesforum Mittelstand ermutigen wir deshalb ausdrücklich alle Unternehmer, ihr Recht und ihre Pflicht wahrzunehmen, sich selbst und allen politischen Entscheidungsträgern auch unbequeme Fragen über die Gestaltung unserer Zukunft zu stellen. Wir werden alle dabei unterstützen.
Dr. Siegfried Fischer