Bericht zum 11. deutsch-russischen Unternehmerkongress 2018 in Berlin.

11. Unternehmerkongress Deutschland-Russland 2018

Ein Blick nach Osten – Brücken bauen statt Mauern errichten

Teaser: In verschiedenen Arbeitsgruppen wie Raumfahrt, Telekomunikation, Finanzierung und Energie trafen sich führende Vertreter der Wirtschaft aus beiden Ländern zu intensiven Gesprächen. Auch bekannte Gesichter aus der Politik waren zahlreich vertreten. Hauptthemen waren vor allem die europäischen und US-Sanktionen und die damit einhergehende geringe Rechtssicherheit.

Ein deutsch-russischer Unternehmerkongress, der seit 11 Jahren stattfindet, ist ein gutes Zeichen für die Stabilität deutsch-russischer Wirtschaftsbeziehungen in instabilen Zeiten. Diese Leitveranstaltung des Verbandes der Russischen Wirtschaft in Deutschland fiel ungewollt zusammen mit der Abschlussveranstaltung des Deutsch-Russischen Jahres der kommunalen und regionalen Partnerschaften und dem Besuch des russischen Aussenministers in Berlin. Das Timing erlaubte es, insbesondere die Statements von Matthias Platzeck, Heiko Maas und Sergey Lawrow als krönenden Abschluss zweier hochinformativer Tage zu erleben. Da konnte man schon mal vergessen, dass Angela Merkel zeitgleich in Estland die Aufrechterhaltung der europäischen Russlandsanktionen bekräftigte.

Das Programm des Unternehmerkongresses war reichhaltiger als das Buffet. Mit profunder professioneller Besetzung stillte dieses Programm nicht nur den Hunger auf Neues, sondern auch auf notwendige Bestätigungen des Bewährten.

Es umfasste folgende Themen:

  • Russische Grossunternehmen als Partner des deutschen Mittelstandes
  • Regionale Zusammenarbeit
  • Raumfahrt und Telekommunikation
  • IT & Digitalisierung
  • Energie
  • Finanzierung
  • Rechtssicherheit und Rechtsdurchsetzung in Russland
  • Vertrieb und Steuern im Russlandgeschäft
  • Konformitätserklärungen in der Eurasischen Wirtschaftsunion
  • Investitionsanreize für ausländische Investoren
  • Sanktionen und Gegensanktionen

Deutsch-Russische Unternehmungen trotzen wirtschaftlichen und politischen Umständen

Inhalt und Ton der Beratungen, Seminare und Plenen waren unaufgeregt, sachlich und stets nach vorne orientiert. Die deutsch-russischen Unternehmerbeziehungen haben sich dank der Initiative ihrer deutschen und russischen Akteure so gut entwickelt, dass sie sowohl die vor zehn Jahren ausgebrochene Bankenkrise als auch die vor vier Jahren ausbrechenden politischen Turbulenzen „abgewettert“ haben bzw. gelernt haben, damit umzugehen. Auch die verständlichen Bemühungen des russischen Staates, die Importablösung mittels lokaler Produktionsentwicklung voranzutreiben, wurden mehrheitlich nicht beklagt, sondern auf Chancen für deutsch-russische unternehmerische Initiativen analysiert. Gerade die Errichtung und Rekonstruktion von Produktionsstätten in Russland als Joint Venture Unternehmen, die Beteiligung deutscher Unternehmen an der dringend notwendigen Fachkräfteausbildung in Russland und die Nutzung des Exportstandortes Russland für den Eurasischen Wirtschaftsraum aber auch für Europa und Drittstaaten sind nur einige Hinweise für das weitere Miteinander in den deutsch-russischen Unternehmensbeziehungen.

Vorsichtiger Optimismus in Hinblick auf deutsch-russische Wirtschaftsbeziehungen

Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Energie, MdB Klaus Ernst, verbreitete sogar ein wenig Optimismus hinsichtlich des regierungspolitischen Wohlwollens gegenüber russisch-deutschen Unternehmerbeziehungen. Starke Aussagen kamen auch vom Geschäftsführer des Ostausschusses – Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft, Michael Harms. Vielfach wurde aber auch die Frage aufgeworfen, warum aus der deutschen Wirtschaft keine massiveren Forderungen an die Bundesregierung kommen, die Behinderungen in den deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen abzubauen.

US-Handelskrieg und Sanktionen bedrohen deutschen Mittelstand

Der Abschlussworkshop zu Sanktionen und Gegensanktionen brachte es dann auf den Punkt. Beklagten früher deutsche Unternehmen mangelnde Rechtssicherheit in Russland, so stehen sie jetzt vor der bisher grössten Rechtsunsicherheit in Deutschland und der EU ohne Aussicht auf wirksamen Schutz durch die deutsche und europäische Politik und Justiz. Es gibt keinen wirksamen Schutz vor der exterritorialen Anwendung der US-amerikanischen juristischen Sanktionsinstrumente. Die neue “lex Deripaska” von April 2018 und das CAATSA – sind ein Damoklesschwert für die deutsche Wirtschaft. Inzwischen lassen sich zwar immer mehr Firmen, die im Russlandgeschäft tätig sind, dazu beraten. Es gibt aber keinen Aufschrei gegen diesen Beginn eines US-amerikanischen Handels- und Wirtschaftskrieges, der sich letztlich gegen Deutschland und Europa richtet. Es ist eine neue Herausforderung für deutsche Mittelständler, die sich bisher compliancegebremst, datenschutzverunsichert, sanktionsbeschädigt und bankenverlassen um die Zukunft ihrer Familien und Mitarbeiter bemühten.

Berlin, den 13. und 14. September 2018

Siegfried Fischer

Verbandsbeauftragter für Russland

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